Vorurteile gegenüber Polen gibt es viele – meist sind sie falsch. Eines allerdings stimmt: Im Nachbarland trinkt man Wodka wie Wasser. Schon der Name verrät diesen Zusammenhang: „Wódka“ heißt Wässerchen oder noch genauer „Gadajaca Woda“ – Quasselwasser.
Polen und Russland beanspruchen beide, das Geburtsland des Wodka zu sein. 1405 wurde Wodka erstmals im damaligen Königreich Polen offiziell erwähnt. Über Jahrhunderte wurde das Getränk vor allem in Schlössern und Klöstern produziert. Doch auch im Sozialismus hatte das „Wässerchen“ Hochkonjunktur. In den 70er Jahren traf sich die Warschauer Studentenszene zu regelrechten Wodka-Exzessen. Dabei zerschlugen die Benebelten ihre Gläser und ritzten sich mit den Scherben in die Arme. Auch in den Betrieben stießen vom Arbeiter bis zum Direktor alle bei jeder Gelegenheit an.
Laut einer Studie der
Polnischen Universitäten für Landwirtschaft trank jeder Pole 1980 im Schnitt sechs Liter reinen Wodka pro Jahr – nur noch getoppt von den Russen. Zwanzig Jahre später waren es nur noch ein Drittel. Der Grund für die Abkehr vom Hochprozentigen lag an massiven Kampagnen der Regierung und einem absoluten Alkoholverbot in der Öffentlichkeit.
Besuch im Jugendclub Positivka im Kulturhaus in Zgorcelec: 50 Jugendliche sitzen an der Theke, spielen Billiard oder rauchen vor der Türe. Kein einziges Wodkaglas und schon gar keine Flasche stehen auf den Tischen. Stattdessen Zywiec, Lech und Tyskie – die bekannten polnischen Biermarken.
Wodka von der Tankstelle
„Wodka trinke ich nur auf Hochzeiten oder Familienfeiern“, sagt Aleks, 19-jähriger Abiturient, der mit Freunden im Club sein Wochenende beginnt. Im Positivka wird kein Wodka verkauft. „Wer unbedingt Wodka trinken will“, sagt Alex, „geht raus zur Tankstelle.“
Eine Flasche Bier im Club kostet 3 Zloty, etwa 75 Cent. Es schmeckt süßlich, würzig und hat mit sechs Prozent einen deutlich höheren Alkoholgehalt als deutsches Bier. Die wenigen Großbrauereien produzieren vorwiegend für den inländischen Markt und gehören inzwischen internationalen Bierkonzernen.
Kurz nach der Wende schaffte es die Partei der Polnischen Bierfreunde (PPPP) mit 16 Sitzen sogar in das nationale Parlament. Nach einer Aufteilung in die Fraktionen „kleines Bier“ und „großes Bier“ verschwand die Partei allerdings schnell wieder von der Bildfläche.
Zurück zur Übersicht